Wie entwickle ich eine App in sechs Schritten

Hast du schon immer die perfekte Idee für eine App gehabt? Hier erkläre ich dir, was es alles braucht, damit aus deiner Idee Wirklichkeit wird.

Reto Beeler
dreipol

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Jede App startet mit einer guten Idee. Doch Ideen gibt es viele. Dazu ein kleines Beispiel aus meiner Vergangenheit. Da gab es nämlich stets diesen einen Spruch, der meist nach ein paar Bier unter Freund:innen fiel:

«Das wäre eine Superidee für eine Bar!», irgendwer vor dem 29. Juni 2007.

Warum der 29. Juni 2007? An diesem folgeschweren Tag kam das erste iPhone auf dem Markt – und veränderte alles. Spielen wir die Szene heute noch einmal durch, würde es sicher heissen:

«Das wäre eine Superidee für eine App!»

1. Gibt’s schon? Geht auch besser…

Das zeigt sich auch am Markt, Apps gibt es (fast) unzählige. Statista zählt sie regelmässig. Im dritten Quartal 2020 waren es um die sechs Millionen Apps, verfügbar in den vier grössten App Stores. Es besteht daher eine reelle Chance, dass deine vermeintliche Superidee bereits jemand anderes umgesetzt hat. Das klingt auf den ersten Blick entmutigend. Aber nur weil etwas bereits existiert, heisst das nicht, dass du es nicht besser machen kannst.

Ein kleiner Exkurs in die freie Marktwirschaft: Ziehen wir dazu die Entwicklung der Automobilbranche zum Vergleich heran. Es war ein weiter Weg vom Ford Model T bis zum Tesla. Trotzdem hat das Automobil auch heute noch vier Räder, fährt Personen von A nach B und es gibt zig Anbieter:innen, die eigentlich dasselbe Produkt verkaufen. Ob jemand nun einen Audi oder einen Tesla kauft, hängt viel mehr davon ab, wie man sich beim Transport von A nach B fühlen möchte. Wenn ich nun Elon Musk wäre und Teslas verkaufen will, muss ich herauszufinden, weshalb jemand keinen Audi kauft. Und das, obwohl jemand ein Auto will und das nötige Kleingeld vorhanden wäre. Genau diese Menschen könnten sich für einen Tesla begeistern lassen.

Wer könnte mein Produkt nutzen? Eine Zielgruppe zu defininieren ist ein erster Schritt.

Eine zündende Idee ist somit erst der Anfang. Die eigentliche Arbeit ist es, eine Zielgruppe zu finden, die mit dem momentanen Marktangebot nicht zufrieden ist. Hier kannst du als neue:r Anbieter:in in die Bresche springen.

2. Built for one purpose and one purpose only

Angenommen, du hast (d)eine Nische gefunden, die Potenzial hat. Wie wird deine App nun erfolgreich? Nehmen wir als Beispiel Spotify, WhatsApp oder AngryBirds. Das klingt nach drei zufällig ausgewählten Apps, aber schauen wir genauer hin: Was haben diese Apps gemeinsam, was sie so erfolgreich macht? Nun, sie stehen jeweils für eine einzelne Funktion, sie decken in ihrem Kern nur ein einziges Bedürfnis ab.

  • Will ich Musik hören, starte ich Spotify. Es bietet keine Musiklyrics an, obwohl es eigentlich naheliegend wäre (gab es zwar mal und gibt es eventuell bald wieder). Dafür finde ich den gesamten Back-Katalog fast aller meiner Lieblingsbands.
  • Über WhatsApp kann ich zwar endlose Nachrichten schreiben, es käme mir aber nie in den Sinn, den Messenger als Alternative zu GoogleDocs zu verwenden. Möchte ich mit meinen Freund:innen kommunizieren, dann starte ich WhatsApp. Erinnerst du dich an die Bar am Anfang dieses Textes? Jeder Abend davon hat auf WhatsApp begonnen (oder zumindest ab 2009, nachdem WhatsApp released wurde).
  • AngryBirds hatte ein klares Konzept. Die wütenden Vögel und ihre Schweinchen sind zumindest in meiner Wahrnehmung etwas in der Belanglosigkeit verschwunden. Die unzähligen Sequels und Spin-Offs erwecken gleichzeitig den Eindruck, dass es eine immer noch aktive Community gibt, die jedes neue Spiel herunterlädt. Und wenn ich die Lust verspüre, ein paar Vögel auf Schweine zu schmeissen, dann weiss ich, wo ich das machen kann.
Hinter jedem Erfolg steckt viel Verborgene Arbeit, die auf den ersten Blick kaum ersichtlich ist.

Es geht also darum, herauszufinden, was das genaue Bedürfnis deiner Zielgruppe ist. Aufschlüsse dazu bietet beispielsweise die Jobs-To-Be-Done-Technik.

3. Schöner Ballast ist auch Ballast

Deine App muss also nicht alles «ein bisschen» können. Deine App muss das eine Bisschen wie sonst niemand können. Im Besonderen, wenn es um ein schnelles Proof-of-Concept geht (üblicherweise MVP, wir bei dreipol sind Fans von MAP). Um etwas schnell entwickeln zu können, musst du den Funktionsumfang genau abstecken. Abgrenzungen schärfen den Blick auf das Wesentliche.

Zusätzlich sei noch erwähnt, dass eine App mit dem Funktionsumfang eines Schweizer Taschenmessers sicher ihren Reiz hat und sich in einem Projektausschuss auch gut verkaufen lässt. Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich Zusatzfunktionen aber meist als Ballast, der den Entwicklungsprozess unnötig verlangsamt. Eine kurze Hochrechnung über den erwarteten Business-Nutzen im Vergleich zur längeren Entwicklungszeit hilft dir bei der Priorisierung. Um nochmals zu den Audis und Teslas zurückzukehren: Um von A nach B zu gelangen, brauche ich weder Ledersitze noch eine Klimaanlage. Um den Audikäufern einen Tesla zu verkaufen, brauche ich ein USP. Beispielsweise einen Elektroantrieb. Das ist die Hauptfunktion, dort muss investiert werden. Unsicher, wie du zu der Hauptfunktion deiner App gelangst? Die 6-Thinking-Hats-Methode könnte dir weiterhelfen.

Der «Sweet Spot» der Produktentwicklung. Business und Konsument:innen gehen Hand in Hand mit der Machbarkeit.

Eine kritische Auseinandersetzung mit den eigenen Anforderungen führt schnell zu Tage, welche Funktionen auf Seite der Nutzer:innen eigentlich gewünscht sind. Hier lohnt sich der Blick in bereits bestehende (Konkurrenz-)Apps und deren Bewertungen in den App Stores. Oder, falls du die Möglichkeit für einen User Research hast, kannst du die Nutzer:innen direkt interviewen (dazu eine spannende Geschichte, wohin sich eine App-Idee entwicklen kann).

Letztlich entwickelst du die App nicht für dich selbst, sondern für eine Vielzahl von potenziellen Nutzer:innen.

4. The interface is the product

Das Ziel deiner App definiert, der Funktionsumfang ist umrissen – nun wird es richtig spannend. Ein Smartphone bietet im Gegensatz zum klassischen Computer mit Maus und Tastatur andere Möglichkeiten zur Interaktion. Das Smartphone ist mobil, ich kann es überall hin mitnehmen, wenn ich das will. Es besitzt einen Touchscreen, ich kann Wischgesten ausführen, dafür ist langes Tippen wiederum mühsam. In der App-Entwicklung gibt es mehr zu berücksichtigen, als es auf den ersten Blick den Anschein macht. Und die Möglichkeiten, die der grosse Bruder Tablet bietet, habe ich noch gar nicht erwähnt.

Ich arbeite als Projektleiter bei dreipol, einer Agentur für Design und Entwicklung aus Zürich. Dort setzen wir verschiedenste Techniken und Methoden ein, um überhaupt erst einmal herauszufinden, welche Interaktionen die Nutzer:innen unterstützen und zur App und zur Marke (Brand) passen #DesignThinking. Ähnlich wie ein Logo oder ein Auftritt, sagen Interaktionen viel über eine Marke aus, aber evozieren Emotionen noch viel stärker.

«As far as the customer is concerned, the interface is the product», Jef Raskin, Interaction Designer, in The Humane Interface (2001)

Alle, die sich schon einmal mit einem mühsamen User Interface herumschlagen mussten, wissen, wie schnell sich der Frust auf vom Produkt auf den Brand ausbreiten kann. In einem Onlineshop, der einen unnötig komplizierten Checkout-Prozess hat, kaufe ich kein zweites Mal ein. Ein Buchtipp für Interessierte, inwiefern Interaktionen mit Tools auch immer Interaktionen mit der Marke sind: Branded Interactions von Marco Spies & Katja Wenger.

User interagieren nur mit dem Frontend. Was dahinter passiert, interessiert wenig.

Bevor wir bei dreipol die Entwicklung starten, involvieren wir unsere Kund:innen jeweils stark. Es gibt für mich als Projektleiter nichts Gefährlicheres, als mit Annahmen zu arbeiten. Annahmen bedeuten immer Risiken und Risiken sind nicht gut für ein Projekt. Ich würde sogar soweit gehen und behaupten, dass jede ungestellte Frage ein Projektrisiko darstellen kann. Sobald ich mir eine Antwort selber gebe, habe ich eine Annahme getroffen, die sich im späteren Projektverlauf als falsch herausstellen kann.

Salopp gesagt, schauen wir bei dreipol, was den Nutzer:innen hilft und was eher schadet, um gleichzeitig die Ziele der Nutzer:innen zu erfüllen und der Marke das richtige Auftreten zu verleihen. Steht das Konzept für die Interaktionen und werden die Ziele der Nutzer:innen bestmöglich erfüllt, könnte mit der Entwicklung gestartet werden.

5. Und jetzt, wer bauts?

Grob betrachtet, gibt es vier Möglichkeiten, wie du deine App umsetzen kannst:

  1. Du lernst programmieren und setzt sie selbst um.
  2. Du suchst dir einen AppBuilder und klickst dir die App zusammen.
  3. Du suchst dir eine:n Freelancer:in, der:die die App für dich codet.
  4. Du engagierst dreipol und wir bauen die App für dich.

Das kommt jetzt vermutlich nicht überraschend, aber ich würde dir unbedingt Nummer vier empfehlen. Ich könnte hierzu sehr viel gute Gründe aufzählen, beispielsweise weil wir bei dreipol klar definierte Prozesse haben. Aber fokussieren wir uns eher auf die anderen Punkte:

  1. Das Programmieren erlernen kann theoretisch jede:r. Wenn die Mittel für die Punkte 3 und 4 fehlen, führt auch fast kein Weg daran vorbei. Die Frage ist mehr, wie viel Zeit du dafür aufwenden kannst, denn deine App-Idee muss währenddessen auf ihre Umsetzung warten.
  2. AppBuilder sind wie gekaufte Meringues – nicht das Gelbe vom Ei. Ausserdem gehen sie schnell kaputt. Scherz beiseite: AppBuilder wie AppyPie oder GoodBarber sind ernstzunehmende Alternativen. Du musst aber in Kauf nehmen, dass das Resultat generisch daher kommt und nicht alle von dir gewünschten Funktionalitäten abgedeckt werden können. Ausserdem weiss man nie genau, wie lange ein solcher Dienst noch besteht.
  3. Für ein schnellens Proof-of-Concept ist ein:e Freelancer:in ganz sicher eine gute Wahl. Schnell, unkompliziert und (meistens) günstig. Hoffentlich ist er:sie aber auch noch verfügbar, wenn deine App dann abheben soll und Weiterentwicklungen anstehen.
  4. Eine Agentur wie dreipol bietet dir mehr als nur Applikationsentwicklung. Wir unterstützen dich auch gerne im Interaction Design, bieten Projektmanagement und helfen dir bei der Weiterentwicklung. Oder wir trinken einfach ein Bier zusammen und finden eine noch bessere Idee.

Naja, wie erwähnt, vielleicht bin ich etwas voreingenommen. Für eine fundierte Entscheidung, wer die Entwicklung übernimmt, müssen Faktoren wie der angepeilte Entwicklungszeitraum, mögliche Weiterentwicklungen und und der benötigte Support genauso berücksichtig werden.

6. App in den Store damit

Die letzte Hürde wird nach der Entwicklung genommen. Anleitungen, wie eine App in den Store geladen werden kann, gibt es viele – eine kurzer Research gibt dir Aufschluss. Hierzu ein paar Stolpersteine, die es zu beachten gilt:

  • Deine eingereichte App wird von Google oder Apple geprüft und muss den Richtlininen entsprechen. Dieser Prozess ist sehr umfangreich, kompliziert und du solltest genügend Zeit dafür einplanen.
  • Falls du zu einem bestimmten Zeitpunkt releasen willst, musst du unbedingt beachten, dass die Überprüfung im Store immer etwas dauern kann. Insbesondere bei einem Erst-Release.
  • Die Auflagen der Stores sind knallhart. Was nicht passt, wird nicht zugelassen. Wird eine Auflage nicht erfüllt, bricht der Store die Prüfung ab. Nach deiner Korrektur beginnt die Prüfung wieder von vorne.
  • Gleichzeitig zur Entwicklung sollte auch deine Marketingmaschine am Laufen sein. Es lohnt sich, auf den Release hin etwas Lärm zu machen, um neben den anderen sechs Millionen Apps herauszustechen. Ohne Marketingstrategie verschwindet auch die beste App im digitalen Nirvana.
  • Es werden negative Rückmeldungen kommen. Da gibt es kein Weg drum herum. Das ist aber nicht weiter tragisch. Wichtig ist die Auseinandersetzung mit den geäusserten Problemen. Sie legt den Grundstein für zukünftige Verbesserungen deiner App.

Übrigens, mit deinem «Submit» gibt es dann sechs Millionen und eine App in den Stores. Die Krux ist nun, dass oft nicht die Idee matchentscheidend ist, sondern was daraus entwickelt wird. Wichtig sind die Kenntnisse über das eigene Marktsegment, die Vernetzung mit Lieferant:innen und Kund:innen sowie die Möglichkeit, Partnerschaften einzugehen. Oder um noch etwas auszuholen, was ist das Business Modell? Wie sieht die weiterführende Strategie aus? Bei Interesse gehe ich darauf gerne in einem anderen Blog-Beitrag ein — hinterlasse einen Comment oder schreibe mir eine E-Mail.

TL;DR

  1. Es gibt keine schlechten (App-)Ideen. Viel wichtiger ist eine klar definierte Zielgruppe.
  2. Welches ist das eine Bedürfnis, das deine App erfüllen will / muss?
  3. Initial kann ein gut umgesetztes Feature reichen — alles andere kommt später.
  4. Die zukünftigen Nutzer:innen entscheiden über den Erfolg oder Misserfolg deiner App. Du entwickelst deine App für die Zielgruppe, nicht für dich.
  5. dreipol ist die beste Anlaufstelle, um eine App zu entwickeln. 😉
  6. Reklamationen sind wertvoll. Sie zeigen, wo du deine App verbessern solltest, bevor die Nutzer:innen abspringen.

Hast du auch schon eine App entwickelt? Wie bist du vorgegangen? Was waren deine Erfahrungen?

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Consultant, Scrum Master & Project Manager — in this particular order. Die einfachste Lösung ist meistens auch die naheliegendste.