Wie das Kunsthaus Zürich in die digitale Zukunft schreitet

Im Gespräch mit Sara Carla Nenzi, Verantwortliche für Digital Products & Content Creation beim Kunsthaus Zürich.

Sarah
dreipol

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Mit der fortschreitenden Digitalisierung steigen die Anforderungen des Publikums an Museen. Es werden neue Zugänge zur Kultur und der Art und Weise, wie sie vermittelt wird, erwartet. Auch das Kunsthaus Zürich sieht sich damit konfrontiert. Die Institution hat verschiedene Projekte lanciert, um den Schritt in die digitale Zukunft zu machen, wie zum Beispiel der gemeinsam mit dreipol entwickelte Kunsthaus Visitorguide.

Sara Carla Nenzi ist seit Februar 2020 für das grösste Schweizer Kunstmuseum tätig und bei Kommunikation & Marketing verantwortlich für Digital Products & Content Creation. Im Gespräch mit dreipol gibt sie Einblick in eine Institution, die gerade den Schritt in die digitale Zukunft wagt und in ihre bisherige Karriere zwischen Kultur und Werbung.

dreipol: Sara Carla Nenzi, erinnern Sie sich an Ihren ersten Besuch im Kunsthaus Zürich?
Sara Nenzi: Das war als Kind zusammen mit meiner Schulklasse. Ich erinnere mich noch gut, wie beeindruckt ich von der erhabenen Halle im Moser-Bau war. Später prägten namhafte Contemporary Arts Künstler:innen mein Bild des Hauses.

Seit Februar 2020 arbeiten Sie selbst nun für das Kunsthaus Zürich…
… und landete zwei Wochen nach meinem Start direkt im ersten Lockdown. Das war eine seltsame Situation: Voller Tatendrang und dann war das Museum zwei Monate lang geschlossen.

Davor waren Sie in der Werbung tätig. Ein Kulturschock?
Die ersten paar Wochen waren zugegebenermassen nicht leicht. Ich musste mich erst an die Abläufe gewöhnen, die sich nach meinem Empfinden seit Jahren nicht verändert hatten. Auch im digitalen Bereich gab und gibt es Aufholbedarf. Aber genau deshalb wurde ich ja auch geholt.

Welche Grundsätze verfolgen Sie allgemein in der Kommunikation?
Wir sind stark inhaltsgetrieben und cross-medial unterwegs. Dabei fokussieren wir nicht nur auf die Kunstwerke, sondern öfters auch auf die Menschen hinter den Kulissen, ihre Geschichten und Herausforderungen. Mit unseren Inhalten wollen wir gleichermassen bilden und unterhalten.

Über welche digitalen Mittel und Kanäle verfügt das Kunsthaus Zürich aktuell?
Mit dem Digilab loten wir Möglichkeiten der digitalen, vernetzten Öffentlichkeit künstlerisch und experimentell aus. Die Sammlung Online ist eine Datenbank all unserer ausgestellten Exponate. Im Rahmen von digital.kunsthaus.ch führen wir digitalisierte Werke, wie zum Beispiel auch Dadaismus-Bücher des Cabaret Voltaire aus dem Jahr 1916. Der von dreipol entwickelte Kunsthaus Visitorguide hilft unseren Besucher:innen bei der Planung und Orientierung. Und daneben gibt es noch die eigentliche Webseite.

Visitorguide und Digilab wurden am Best of Swiss Web Award 2022 ausgezeichnet. Sind Sie digital auf Kurs?
Wir haben erste wichtige Schritte gemacht und unsere Digitalstrategie ist in Erarbeitung. Künftig wäre es sicher wünschenswert, wenn wir unsere digitalen Kanäle noch stärker konsolidieren und Interessierte alle Informationen an einem Ort finden würden. Egal, ob sie digital ein Ölgemälde nachschlagen, eine Zeichnung suchen und in digitalen Reproduktionen blättern.

Gibt es Themen und Aspekte aus der digitalen Welt, mit denen Sie sich persönlich beschäftigen?
Blockchain, NFT und Bitcoin interessieren mich, da sich hier die Brücke zur digitalen Kunst schlagen lässt. Überhaupt ist Digital Art ein grosses Thema. In Amerika ist es bereits angekommen und rollt als Welle auch auf Europa zu.

Wird das Kunsthaus Zürich digitale Kunst aufnehmen?
Unser Kuratorium zieht dies zumindest in Erwägung. In welcher Form und per wann ist noch offen. Erste Strukturen hat das Kunsthaus mit der Digilab-Plattform und dem damit verbundenen Digilab-Raum aber bereits schaffen können.

Was hat Sie ursprünglich in den Kultur- bzw. den Kunstbereich gezogen?
Kultur zu verkaufen, begeistert mich. Ich finde es so viel spannender als das Vermarkten von Käse, Joghurt oder Schrauben — das habe ich lange genug gemacht. Die Kunst wiederum hat mich schon immer interessiert. Meine Wurzeln liegen im Design. Auf meine Lehre als Dekorationsgestalterin folgten Positionen in der Film- und Werbeausstattung. Mit 26 ging ich für einen Master in Communication Design an der University of the Arts London nach England.

Wie hat Sie die Zeit in London geprägt?
Die 90er Jahre in London waren, ich kann es nicht anders sagen, die geilste Zeit. Ich bekam die Ära der Young British Artists (YBA) rund um Damien Hirst, Sam Taylor-Wood, Tracey Emin und unsere Pipilotti Rist hautnah mit. Ich war jeden zweiten Tag an einer Ausstellung, Installation oder Guerilla-Aktion. Dies hat meine Faszination für Kunst nachhaltig geprägt.

Gibt es einen Leitsatz, der sich durch Ihre bisherige Karriere zieht?
Nichts gegen Sicherheit; aber wenn du etwas bewirken willst, musst du Risiken eingehen.

Wir danken für das Gespräch.

Das Gespräch führte Sarah Hefti, Head of Communication & Marketing bei dreipol.

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Weiteres zum Thema:

  • Kunsthaus Zürich Visitorguide — Der von David Chipperfield Architects gestaltete Neubau hat das Kunsthaus Zürich zum grössten Kunstmuseum der Schweiz gemacht. Die erweiterte Grundfläche und die neue räumliche Verteilung der Exponate stellen zusätzliche Herausforderungen an die Navigation. dreipol konzipierte und entwickelte einen web-basierten Kunsthaus Zürich Visitorguide. Besucher:innen navigieren mit dessen Hilfe spielerisch und doch gezielt zu einer bestimmten Ausstellungsfläche, der Garderobe und den Verpflegungsstationen. Das Kunsthaus Zürich wiederum profitiert dank Headless CMS von einer einfachen Handhabung in der Inhaltspflege. In den Worten der BoSW-Jury der Kategorie Creativity: «Ein durch und durch wohlverdienter Gold-Gewinner».
  • Indoor Navigation im Landesmuseum Zürich — Auch hier beschritt dreipol konzeptionell Neuland und führt die Besucher:innen über die Landesmuseum-App von Exponat zu Exponat, das Zauberwort lautet «Hyperlapse Navigation».
  • Wie sich Museen den neuen digitalen Herausforderungen stellen. Ein Leitfaden.

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