Eine Lehre als Interactive Media Designer:in — eine Erfolgsgeschichte

Vor 16 Monaten haben wir bei dreipol mit der Ausbildung unserer ersten Interactive Media Designerin EFZ Lernenden (IMD) gestartet und damit für uns Neuland beschritten. Warum IMD? Lohnt sich der Betreuungsaufwand? Wie haben wir uns aufgestellt? Unser Zwischenfazit.

Marco Huber
dreipol

--

Bei dreipol haben wir uns immer wieder die Frage gestellt, ob wir eine Berufslehre anbieten wollen. Eigentlich waren wir uns immer einig — ja, aber welche? Die klassische Lehre als Grafiker:in, die Lehre als Mediamatiker:in oder eine Lehre als Informatiker:in? Warum wir so lange gehadert haben? Nun, unserer Meinung nach passte keine der drei Ausbildungen optimal in unser Mindset und zu unseren Prozessen. Wir haben eine Ausbildung gesucht, die von Konzept über Design bis hin zu technischem Grundwissen vieles abdeckt. Aber das gab es so nicht.

Bis wir eines Tages plötzlich, tadaaa, eine Einladung zum Informationsabend Berufslehre «Interactive Media Designer:in EFZ» in Basel erhalten haben. Diese Einladung hat unser Interesse geweckt und wir machten uns auf den Weg an die Schule für Gestaltung in Basel. Der Abend war in vieler Hinsichten ein voller Erfolg. Die Präsentationen der Lernenden im dritten Lehrjahr waren bemerkenswert. Ihre Aufgabe war es gewesen, eine App für den Quartiertreffpunkt Kasernenareal zu konzipieren und zu gestalten. Sie zeigten uns die ganze Discover und Define Phase, ihre ersten Prototypen und Designvorschläge. Wir waren beeindruckt. Nach der Präsentation stand plötzlich eine junge Frau vor uns und fragte: Bietet ihr eine Lehrstelle als IMD an? Diese junge Frau wurde später die erste Lernende bei dreipol.

Interactive Media Designer:innen EFZ konzipieren, gestalten und präsentieren, interaktive digitale Kommunikationsmittel für Kunden. Sie verwenden die geeigneten Hilfsmittel und Methoden. Sie berücksichtigen und verstehen die Grundlagen von Usability, User Interfaces und User Experience.

Die Qual der Wahl

Wieder in Zürich, haben wir uns rasch dazu entschieden, die Berufslehre Interactive Media Designer:in EFZ anzubieten und haben uns so schnell wie möglich für den nächsten Berufsbildner-Kurs angemeldet. Darauf folgend haben wir eine Lehrstelle ausgeschrieben. Drei Kandidatinnen und Kandidaten standen uns zur Auswahl und absolvierten eine Schnupperlehre bei dreipol. Die Wahl fiel auf die junge Frau aus Basel.

Status Quo

Knapp 16 Monate sind mittlerweile vergangen und wir sind sehr zufrieden mit unserer Lernenden und dem Entscheid, diesen Schritt gemacht zu haben. Sie kann bereits aktiv bei Kundenaufträgen anpacken und einen grossen Teil an Aufgaben im Daily Business selber übernehmen. Von der Discover und Define Phase, über Digital Branding, Bildwelten entwickeln und selber fotografieren. Des Weiteren entwirft sie bei uns animierte Prototypen, Screendesigns und Assets in zeitgenössischen Tools (z.B. Sketch, Figma, Principle, Invision). Es ist inspirierend zu sehen, wie sie das Erlernte aufnimmt, umsetzt und damit unser Team bereichert.

Die Berufsschule und die übergreifenden Kurse (ÜK) tragen ihren Teil dazu bei, dass wir mit dem Output sehr zufrieden sind — diese drei Pfeiler (Betrieb, Berufsschule und ÜK) bilden die Grundsteine der Berufslehre unserer Lernenden.

Wie läuft so eine Ausbildung ab?

Die Berufslehre dauert vier Jahre. Im ersten und zweiten Jahr nimmt der Berufskundeunterricht zwei Tage pro Woche in Anspruch, in den folgenden Jahren einen Tag.

Die Liste der Berufsschulen, welche den IMD anbieten, wächst stetig:

Leider ist in Zürich noch kein entsprechendes Bildungsangebot vorhanden.

Aus der Sicht des Berufsbildners

Natürlich ist Begleitung mit Aufwand verbunden. Diese auf vier Jahre verteilte Investition, hat sich aber schon nach kurzer Zeit für dreipol und die Mitarbeitenden ausbezahlt.

Und dies in folgenden Punkten:

  • Führungskompetenz
  • Materie vermitteln
  • Netzwerk wird erweitert
  • Neue Insights von Arbeitsweisen

Der Aufwand für einen Berufsbildner bei dreipol war im:

  • 1. Lehrjahr bei 2h pro Arbeitstag der Lernenden.
  • 2. Lehrjahr 1.5h pro Arbeitstag der Lernenden.
  • Mittlerweile arbeitet unsere Lernende oft in verschiedenen Teams ohne die Obhut des Berufsbildners. Die Verantwortung hat dann der zuständigen Design-Lead des jeweiligen Projektes. Hier sind die Aufwände für diese Person sehr unterschiedlich. Aber schätzungsweise liegen sie etwa bei 5–15% pro Arbeitstag der Lernenden.

Für Fragen zum Interactive Media Designer:in EFZ im Betrieb oder zum Thema Berufsbildner, bitte bei mir melden: marco.huber@dreipol.ch

Eine Win-Win-Situation

Oft besteht die allgemeine Auffassung, Lernende seien eher eine Belastung für den Betrieb, weil sie am Anfang viel Begleitung brauchen. Wir haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass die Bewerber:innen und Lernenden bereits oft viel Eigeninitiative mitbringen. Sei es eigenständiges Aneignen von Skills und Software oder das Bewusstsein von digitalen Medien allgemein (Digital Natives). Das Niveau ist meiner Meinung nach extrem hoch im Gegensatz zur Zeit, als ich meine Lehre absolvierte. Sehr oft haben die Bewerberinnen und Bewerber bereits erste Erfahrungen im Umgang mit Kreativ-Werkzeugen, wie zum Beispiel Sketch, Photoshop, After-Effects oder Cinema-4D gemacht.

Allgemein können heutige Lernende den Horizont von Betrieben in vielen Bereichen erweitern. Sie bringen nebst den verlangten Anforderungen wie Farben- und Formensinn, räumliches Vorstellungsvermögen, IT-Verständnis, Organisationstalent, gestalterische Begabung, Fähigkeit zu konzeptionellem Denken, Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit und Englisch-Sprachkenntnissen auch sehr viele Soft-Skills mit:

  • Schnelle Auffassungsgabe und Wissensbegierde.
  • Sie leben am Nerv der Zeit — sind viel unterwegs, besuchen Ausstellungen, bewegen sich in der Natur, sind oft auf Reisen und ja, natürlich auch an Partys.
  • Sie sind oft bereits gut vernetzt und verfolgen eigene Projekte.
    Zum Beispiel ist unsere Lernende Mitorganisatorin bei SwissInstaMeet und macht kleinere private Design- und Fotografie-Projekte in der Freizeit.
  • Ein Verständnis für Trends, Tools und neue Technologien ist vorhanden.
  • Sie schaffen in vielerlei Aspekten eine Brücke zwischen den Generationen und bringen frischen Wind ins Agenturleben, was dem ganzen Team zugute kommt.

Ausgewählte Arbeiten aus Schule und Agentur

Im Folgenden ein paar ausgewählte Arbeiten unserer Lernenden, auf die wir wirklich stolz sind:

Principle Prototype aus dem Fach «Infografik» im 2. Lehrjahr.
Auszug aus dem Screendesign für Beatrix Travel.
Links: Neujahrs-Einladung für dreipol Mitarbeitende (Interne Kommunikation) | Rechts: Neujahrskarte für dreipol-Kunden (Externe Kommunikation)

Zurück auf Start

So kam es, dass wir am 22. Januar 2019 wieder am Informationsabend des Interactive Media Designer:in EFZ teilnahmen. Dieses Mal aber als Referenten. Uns bot sich die Möglichkeit, unsere Erkenntnisse aus den vergangenen spannenden 16 Monaten mit anderen Unternehmen und Interessierten zu teilen.

Es hat uns sehr gefreut, als frisch gebackener Lehrbetrieb unseren Teil für die Zukunft unserer Branche beizutragen und eine wichtige Ausbildungsmöglichkeit für die Jungen sicherzustellen.

Vielen Dank an die Schule für Gestaltung Basel und dem SIMD für ihr Vertrauen und die Einladung.

. . .

Gerne darfst du diesen Post liken, teilen und mir oder dreipol auf Social Media folgen:

https://medium.com/@marco.huber
twitter.com/dreipol
www.dreipol.ch

--

--